Es gibt zwei einfache Gründe, dem Alten Wettbüro unbedingt einen Besuch abzustatten. Im Hinterhof findet Ihr einen der schönsten Sommergärten, den die Dresdner Neustadt zu bieten hat und das Essen ist wahre Spitzenklasse. Aber Achtung, die Location ist bei den Dresdnern so beliebt, dass man in den Abendstunden ohne Reservierung kaum einen Platz bekommt. Gründe genug, Euch das Restaurant am Albertplatz heute genauer vorzustellen.
Tatsächlich kennen viele Dresdner das Alte Wettbüro nicht wegen seiner ausgezeichneten Küche. Als die Neustädter Partyszene in den 2000er Jahren händeringend nach Örtlichkeiten zum Feiern und Tanzen suchte, fand man im ehemaligen Wettbüro eine ideale Location. Das Haus stand wie viele Immobilien leer, für die gewerbliche Vermietung war es den Meisten zu groß und für gastronomische Zwecke ungeeignet. Dazu machte der Denkmalschutz es den Inhabern unmöglich, das Haus Modern "durchzusanieren" und dann zu verramschen.
Die neuen Betreiber freuten sich und etablierten hier in kürzester Zeit einen der beliebtesten Clubs der Neustadt. Schon bald wurde der Name "Altes Wettbüro" ein Synonym für durchtanzte Nächte mit viel elektronischer Musik und war in jedem guten Veranstaltungskalender gelistet. Und so ist das auch bis Heute geblieben, bietet man Euch hier doch ein breites Spektrum an kleineren Veranstaltungen die vom Ambientkonzert oder der Partynacht für Tanzwütige bis zur Filmvorstellung reichen.
Mein Grund, Euch das Alte Wettbüro wärmstens zu empfehlen, ist jedoch ein anderer. Die Gründerzeitvilla besitzt neben großzügigen Innenräumen auch ein sehr großes Grundstück. Und so wurde die Kultlocation kurzerhand durch ein Restaurant erweitert und der Hinterhof in den letzten zehn Jahren zu einem der schönsten Sommergärten der Dresdner Neustadt umgestaltet. Mal wieder eine meiner Empfehlungen, die von der Hauptstrasse aus betrachtet nicht gerade viel Ruhe verspricht.
Ein Mal im Hinterhof angekommen, findet man sich allerdings in einer grünen Wohlfühloase wieder in der man nicht nur gut entspannen, sondern auch hervorragend essen gehen kann. Der Garten ist allerdings - oder zum Glück - nicht so künstlich durchdesigned. Die alten Sandsteinmauern des Grundstücks sind tatsächlich von Pflanzen nur so zugewuchert. Überall stehen große Pflanzkübel mit Rhododendren, Yukapalmen und Hibiskuspflanzen und dazwischen schießen Löwenzahn und Goldregen der Sonne entgegen. Ein wahrlich gemütliches Ambiente, das man sich unbedingt selbst anschauen sollte.
Draußen wirbt man zwar mit Worten wie Bier- bzw. Sommergarten, aber Achtung! Die wirkliche Überraschung kommt im Restaurant "Altes Wettbüro" erst mit dem Essen auf den Tisch. Wer hier Biergartenkost im Sinne Brezeln, Schweinshaxe und Bratwurst erwartet, der liegt völlig Falsch. Die Bratwurst gibt es zwar, die kommt aber in Form einer Wagyu-Bratwurst von der Familie Händler aus der Region.
Wie vielerorts funktioniert hier nämlich das Erfolgsrezept - Regional, Frisch und Kreativ. Die wöchentlich wechselnde Karte hat meist einen guten Mix aus acht bis zehn Salaten, Pasta- und Fleischgerichten zu bieten. Die Auswahl hält man absichtlich klein, dafür aber sehr abwechslungsreich und eine Option für Vegetarier ist auch immer mit dabei.
Ein Blick auf die Karte zeigt, ein spannendes und abwechslungsreiches Programm ist garantiert. Gerade weil man nur wenige Gerichte anbietet, kann man dafür bei der Qualität und Auswahl erlesener Zutaten richtig protzen. Die Preise sind dazu mit durchschnittlich 10€ - 17€ für ein Hauptgericht dieser Qualität mehr als angemessen. Den Stil der Küche stellt man sich am Besten so vor: hier werden simple Gerichte unterschiedlicher Landesküchen raffiniert neu erfunden und anschließend mit Elementen aus der Sterneküche noch mal richtig aufgepeppt.
Die hausgemachten Kürbisschupfnudeln gibt es dann mit einem Heidelbeer-Lavendelschaum und das italienische Meeresfrüchterisotto wird mit Pak-Choi und Wakame Algen asiatisch interpretiert. Ein letztes Finish durch etwas Hummerschaum on Top vergisst man dabei selbstverständlich nicht. Es geht also durchaus sehr extravagant zu und man sollte schon Lust haben, teilweise kontrastreiche Geschmacksprofile probieren zu wollen.
Bei meinem Besuch musste ich unbedingt eine Tagliatelle mit einer Cabonara aus Wagyu-Rinderbratwurst kosten. Die gab dem Essen eine feine Würze und das nötige Fett, um darin die wirklich großen und frischen Steinpilze anzubraten. Mit reichlich gehobelten Parmesan und scharfen Salaten serviert, wurde das Gericht noch mit etwas Mirabellen Konfitüre am Tellerrand abgestimmt. Die konnte man so entweder als süßen Kontrast zum vollen Geschmack der Cabonara kombinieren, oder sich ganz auf das harmonische Dreierlei herzhafter Aromen aus Wagyurind, Steinpilzen und Parmesan konzentrieren. Für mich war das Essen in jeder Hinsicht optimal abgestimmt, köstlich und jeden Cent der 17.20€ wert.
Eine letzte Besonderheit mit der das Alte Wettbüro aufwarten kann, ist das hier erhältliche Wagyurindfleisch. Das ist so manchem vielleicht als das berühmte Kobe-Rindfleisch aus Japan bekannt. Angeblich wird es von den Einheimischen massiert, um es extra zart zu machen. Es gilt als das teuerste und beste Rindfleisch der Welt und ist durch seine besonders stark ausgeprägte Fettmarmorierung tatsächlich zarter, als andere Rindfleischsorten. Da es gleichzeitig noch den höchsten Anteil an ungesättigten Fettsäuren aufweist den Ihr in einem Rindfleisch finden könnt, ist es obendrein noch ziemlich gesund. Tatsächlich massiert werden die Rinder in Japan allerdings nur dann, wenn sie Verletzungen haben oder durch andere Umstände bedingt nicht genügend Auslauf bekommen können.
Das hier verwendete Wagyurind stammt natürlich nicht aus Japan, sondern aus regionaler Produktion und wird unter anderem von der Familie Händler in Großdobritz bezogen. Es ist nicht immer, aber immer öfter auf der Karte und macht so das Alte Wettbüro zu einer der wenigen Adressen in Dresden, wo ihr diese (noch) Seltenheit probieren könnt. Zusammen mit dem schönen Außengarten und der hohen Qualität, ist das Alte Wettbüro eine der großen Überraschungen, die es in Dresden zu entdecken gilt und eine 100%ige Empfehlung meinerseits - unbedingt ausprobieren.