Erreichen kann man das zwischen Wettiner Platz und Könneritzstraße gelegene Areal ganz einfach zu Fuß (Laufzeit ca. 10 Minuten, wenn ihr Euch Zeit lasst). Folgt dazu einfach am Zwingerteich beginnend der Ostra-Allee, weg vom Stadtzentrum und biegt an der "Orangerie an der Herzögin Garten" links ab. Folgt nun der gleichnamigen Straße und weiter geradeaus der Schützengasse und schon seid ihr am Ziel. Auf dem Weg könnt ihr die Musikhochschule Karl Maria von Weber mit ihrem großartigen Konzerthaus entdecken, welches ich Euch in einem anderen Beitrag vorstelle.
Das 39.000 Quadratmeter große Gelände diente mit dem Gaswerk-Altstadt und dem 50 Jahre später eröffneten Lichtwerk der Gas- und Lichtversorgung. Das Lichtwerk speiste auch die Straßenbahnen Dresdens mit Elektrizität. Das älteste Gebäude auf dem Areal ist die Villa am Wettiner Platz (an der Rückseite des Pförtnerhauses und heutigen Bistro T1). Architekt war vermutlich der Semperschüler Th. Friedrich, der Stadtbaumeister in Dresden war und den von Semper bevorzugten Stil der Neorenaissance fortsetzte. Erstaunlich ist, dass die Villa innen wie außen fast vollständig original erhalten ist und somit eines der wenigen Baudenkmale aus der industriellen Frühzeit Dresdens darstellt. 1900 wurde das Kraftwerk West an das Lichtwerk angebaut und beide wurden später zum Heizkraftwerk zusammengeschlossen. Beide Gebäude sind im Stil des Historismus gehalten. Auch die Neue Sachlichkeit ist mit dem Kesselhaus von 1928 vertreten, womit sich auf kleinstem Raum verschiedene Stile aus mehr als 100 Jahren vereinen - eine absolute Seltenheit!
Nach 99 Jahren wurde das Heizkraftwerk 1994 stillgelegt und beginnend mit einer Initiative des damaligen Oberbürgermeisters Ingolf Roßberg in eine kulturelle Nutzung überführt. Pläne zur Nutzung als Einkaufspark haben sich glücklicherweise nie erfüllt und nach einem grundlegenden Umbau, fanden die Staatsoperette und das Theater Junge Generation (TJG) ab 2016 hier ein neues zu Hause im Herzen der Stadt. Die Architekten haben dabei auf eine Symbiose zwischen Neu und Alt geachtet. So sollen die (absichtlich) rostigen Fassadendekorationen des Operettengebäudes, die ursprünglich industrielle Nutzung aufgreifen. Unbedingt sollte man auch dem Eingangsfoyer einen Besuch abstatten, da im Innenbereich viele industrielle Strukturen wie Gleise und Träger erhalten blieben. Ein sehr spannender und gelungener Kontrast.
Wollt ihr Euch bei eurem Besuch etwas besser orientieren, empfehle ich unbedingt der Webseite des Kraftwerk Mitte einen Klick zu geben. Dort findet ihr nicht nur anschauliche und interaktive Lagepläne die Euch bei der Orientierung helfen werden, auch viele zusätzliche Informationen zur Geschichte und Bildquellen sind dort aufgelistet. Den Link zur interaktiven Karte habe ich Euch hier bereitgestellt:
https://www.kraftwerk-mitte-dresden.de/entwickeln/gebaeude-flaechen.php
Der zweite Grund dem Kraftwerk Mitte unbedingt einen Besuch abzustatten, ist das 2016 im alten Prörtnerhaus eingerichtete Bistro und Cafe T1. Wie alle meine Empfehlungen ist es ein touristisch wenig besuchtes Highlight im Dresdner Stadtzentrum und lädt nicht nur mit seiner einzigartigen Location und Atmosphäre zum Wohlfühlen und Entspannen ein, es kann auch mit seinem reichhaltigen Angebot an Leckereien und Getränken überzeugen. Besonders Süßmäuler kommen hier definitiv auf ihre Kosten.
Wie bereits erwähnt, wurde das alte Pförtnerhaus für das T1 zur gastronomischen Nutzung umfunktioniert und damit vom Betreiber René Kuhnt vor der Abrissbirne gerettet. Heute kommt das Bistro mit einem ganz besonderen industriellen Charm daher, hat aber mit einem anderen Problem zu kämpfen. Es gibt platzbedingt keine richtige Küche! Ein Problem, welches ganz einfach gelöst wurde. Anstatt Essen a la Carte anzubieten, fährt man eine ständig wechselnde Auswahl an Kuchen, Torten, Suppen und diversen Fingerfood für seine Gäste auf.
An herzhaften Speisen gibt es im Sommer Wildbratwurst für 3,50€, hausgemachte Quiche (meist vegetarisch) für 5,30€ und Suppen je nach Tagesangebot. Diese können leicht vorbereitet und vor dem Verzehr erwärmt werden. Bei meinem letzten Besuch waren z.b. eine Tomaten-Mandel-Chutney Suppe, vegetarische Spinatsuppe mit Hirtenkäse und Wildgulasch mit Kartoffeln auf der Tageskarte. Die große auswahl hausgemachter Torten, Brownies, Milkshakes und Eiscreme runden das Angebot ab. An Getränken findet ihr neben diversen Brausen und Sodas auch alkoholische Getränke, wie z.b. Aperol Spritz und alles was das Baristaherz erfreut.
Der zugegeben kleine Innenraum bietet zwar nur Platz für 20 Gäste, kommt dafür aber mit einer urgemütlichen Wohnzimmeratmosphäre daher. Der wunderschöne Sommergarten kann mit Platz für weitere 50 Gäste aufwarten, ist mit vielen Blumen, kleinen Bäumen und Palmen begrünt und ein hervorragender Ort um mit Freunden zu entspannen, allein ein wenig Homeoffice nach draussen zu verlagern oder einfach nur ein Buch zu lesen. Achtung ist jedoch an Vorstellungstagen der Operette geboten. Da viele der Operettenbesucher das T1 schon für sich entdecken konnten, herrscht dort vor Vorstellungsbeginn meist Hochbetrieb. Es empfiehlt sich also, zwischen 19:00 - 20:00 Uhr einen Platz zu reservieren.
Wer eher kurz angebunden ist, kann sich Kaffee, Bier, Eis und Kuchen ganz einfach am Fenster zum Mitnehmen bestellen. Direkt gegenüber befindet sich auf dem Wettiner Platz eine Grünfläche mit vielen Liegestühlen, auf denen man es sich zusätzlich bequem machen kann. Ein Angebot, das auch von den Studenten der nahegelegenen Musikhochschule gern angenommen wird.